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Historische Bestattungskulturen – ein Blick in die Geschichte

In unseren Zeiten verkommt die Bestattung oftmals zur bloßen Erledigung der Beisetzung. Es wird häufig vergessen, dass die bewusst erlebte Bestattung eines geliebten Menschen der erste und wichtigste Schritt zur Trauerbewältigung sein kann.

Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass diese Erkenntnis den Menschen seit jeher dazu veranlasst hat, eine Bestattungskultur zu entfalten, die den Umgang mit dem Tod erleichtert, vielfach aber auch mythologisiert. Heutzutage kann von einer modernen Bestattungskultur kaum noch gesprochen werden. Wir möchten Sie deshalb einladen, einen Blick auf verschiedene Aspekte der historischen Bestattungskulturen zu werfen. Einige Seitenblicke sollen die raren Versuche beleuchten, diese Kultur wiederzubeleben.

Ägypten

Für die Ägypter stellte der Tod nicht das Ende, sondern einen neuen Anfang in einer anderen Welt dar. Die üppigen Grabbeigaben zeigen, dass die Ägypter sich das jenseitige Weiterleben durchaus weltlich vorstellten. Eine tröstliche Vorstellung, die den Abschied von ihren als Götter verehrten Königen und Königinnen erleichterte.

Die großen Pyramiden aus der 4. Dynastie waren Ausdruck der philosophischen und religiösen Kultur, die den Sonnen- mit dem Königskult verband. Dieser Kult sah in den Pyramiden die Materialisation der Sonnenstrahlen, auf denen die Seele des Pharaos zum Himmel aufsteigen konnte, um sich dort mit dem Sonnengott Re zu vereinigen.

Auch heute ist die Bestattung in einer Pyramide möglich, wenn auch in einer wesentlich kleineren. Es gibt zur Bestattung zugelassene Urnen, die eine maßstabsgetreue Nachbildung der ägyptischen Vorbilder sind. Auch die ägyptischen Sarkophage finden ihre Nachfolger in unserer Zeit.

Die Maske des Tutanchamun aus purem Gold lag unmittelbar auf der Mumie des Königs, um sie symbolisch zu schützen. Das elf Kilogramm schwere Fundstück ist mit gefärbtem Glas und Halbedelsteinen verziert.

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Rom

Die Römer, die seinerzeit sowohl uns als auch den Nahen Osten beherrschten, betrachteten den Körper des Verstorbenen als „res religiosa“, also als religiöse Sache. Die Römer werden in unserem Kulturkreis als heidnisch betrachtet. Der Umgang mit dem Körper des Verstorbenen war für sie aber eine von großem Respekt geprägte Angelegenheit. Insofern können die Römer durchaus als Vorbild dienen, wenn es darum geht, die Ehre der Toten zu achten.

Bei den Römern war nach dem Zeugnis des Cicero und des Plinius die Erdbestattung zuerst allgemeine Sitte. Die Feuerbestattung kam auch auf, aber wegen des großen Aufwandes, der dabei getrieben wurde, nur bei den Reichen.

Von den Römern und anderen Völkern weiß man, dass sie den Toten prunkvolle Gräber bauten (sogenannte Grabhäuser), sie im Grab mit kostbarem Schmuck und leckeren Speisen versorgten und auch sonst alles taten, um den Verstorbenen das Leben im Jenseits möglichst angenehm zu gestalten.

Um mehr über die Bestattungskultur der alten Römer zu erfahren, empfiehlt sich ein Besuch im römisch-germanischen Museum in Köln.

Die Glasfront des Erdgeschosses ermöglicht schon dem Außenstehenden den Blick auf das römische Mosaik mit Szenen aus der Welt des Dionysos (um 220/230 n. Chr.) und den rekonstruierten Grabbau des Legionärs Poblicius (um 40 n. Chr.). Der Hauptteil der Sammlung wird im weitläufigen Obergeschoss gezeigt, das in der Art römischer Häuser um einen Innenhof herum angelegt ist. Die Funde aus der Urgeschichte stammen aus der Alt-, Mittel- und Jungsteinzeit, aus der Bronze- wie aus der Eisenzeit und reichen von ca. 100.000 v. Chr. bis in das erste Jahrhundert v. Chr. Die Objekte stammen aus Köln, dem Rheinland sowie von ausgewählten europäischen Fundplätzen. Von besonderem Rang sind Tongefäße der Bronze- und Eisenzeit. Grabfunde aus dem freien Germanien der römischen Kaiserzeit schließen sich an.

Nicht nur das heidnische Rom, sondern auch die Christen prägten eine ganz besondere Bestattungskultur. Entlang der Via Appia befanden sich die Katakomben, in denen die Christen ihre letzte Ruhe fanden. Es handelt sich dabei um unterirdische Grabnischen, die hauptsächlich entlang der Konsularstraßen ausgegraben wurden.

Österreich

Die wohl spannendste und skurrilste Bestattungskultur in der neueren Geschichte findet man in Österreich vor. Hier sei ein Besuch im Wiener Bestattungsmuseum empfohlen.


Bahrtuch

Bereits im Mittelalter war es Brauch, den aufgebahrten Sarg mit einem Bahrtuch zu bedecken. Die Menschen hatten Angst vor Hexen und Dämonen. Das mit christlichen Symbolen bestickte Tuch sollte den Verstorbenen vor dem Zugriff der dunklen Mächte schützen. Die Adelsfamilien besaßen mitunter eigene, mit bunten Wappen in feiner Stickarbeit prächtig verzierte Bahrtücher.

Aber auch Handwerkszünfte und andere Berufsgemeinschaften verfügten über entsprechende, oft in Klöstern von den Ordensfrauen gestickte Bahrtücher. Als die Kommerzialisierung des Bestattergewerbes erfolgte, waren es die Bestattungsunternehmen, die bei den „K. u. K. privilegierten bürgerlichen Gold- und Silberstickereibetrieben“ Bahrtücher in Auftrag gaben. Das abgebildete, aus blauem Samt mit Silberstickerei und silbernen Fransen verzierte Bahrtuch diente der Bestattung von Ledigen. Damit waren jugendliche Personen beiderlei Geschlechts und unverheiratete Frauen bis ins hohe Alter gemeint.


Betrachtungssärglein

Das Betrachtungssärglein, auch „Tischsargl“ genannt, ist etwa 25 Zentimeter lang und stellt ein „Memento mori“* der besonderen Art dar. Es sollte seine Besitzer, die bäuerlichen Menschen des frühen 19. Jahrhunderts, an ihre Vergänglichkeit erinnern. Die oft mit Wachswürmern und Schlangen schauerlich verzierten Sargln beinhalten ein geschnitztes Skelett. Sie dienten der Betrachtung des Todes und wurden von Leuten erworben, die gerne in stiller Stunde und Zurückgezogenheit ihres eigenen Sterbens gedachten. Meist handelte es sich um eine im Südtiroler Grödnertal hergestellte Schnitzware, aber auch in Klöstern wurden sogenannte „Nonnensärglein“ gefertigt.

 

Kleiner Fourgon

Der abgebildete „Kleine Fourgon“ wurde zwischen 1880 und 1890 von der Hof-Wagenfabrik Schustala & Co. in Nesselsdorf für die renommierte Erste Wiener Leichenbestattungs-Anstalt „Entreprise des pompes funèbres“ gebaut.

Er war mit zwei sechseckigen Wagenstecklaternen für die Petroleumbeleuchtung, die geätzte und geschliffene Facettengläser besaßen, ausgestattet. Das Fahrzeug wurde abhängig von Entfernung und Straßensteigung von ein oder zwei Pferden gezogen. Mit dem kleinen, nur einem Sarg Platz bietenden Fourgon wurden unter anderem auch Transporte von Krankenanstalten zum Wiener Zentralfriedhof durchgeführt, für die dem oben genannten Unternehmen vom Wiener Magistrat in einem Übereinkommen eine bevorzugte Stellung eingeräumt worden war.

Anlässlich der im Jahre 1907 erfolgten Gründung der Städtischen Leichenbestattung wurden mehrere solcher Fahrzeuge von den beiden Vorgängerbetrieben übernommen und blieben bis zur Umstellung auf Automobilbetrieb im Jahre 1922 in Gebrauch.

Josephinischer Gemeindesarg
(im Volksmund „Klappsarg“)

Der große Reformator Kaiser Joseph II. erließ im Jahre 1784 eine neue Begräbnisordnung, in der unter anderem vorgeschrieben war, dass die Verstorbenen nunmehr ohne Kleider in Säcke zu nähen seien. Das Begräbnis selbst sollte ohne Sarg durchgeführt werden.

Die Absicht des Kaisers war vor allem, Holz einzusparen. Zudem sollten auch die schönen Kleider, die man üblicherweise den Toten anzog, stattdessen den Lebenden von Nutzen sein. Vor allem aber wollte Joseph Il. mit dieser Maßnahme die Hygiene fördern und bewirken, dass die Leichen rascher in Verwesung übergingen und somit die Gräber in kürzerer Folge wiederzubelegen waren.

Während die überwiegende Zahl der Pfarrgemeinden in Reaktion auf das Dekret für die Trauerfeier herkömmliche Holzsärge verwendete – der in den Sack gehüllte Tote wurde beim offenen Grab aus dem Sarg gehoben –, beschafften sich andere wiederum Särge mit einem Mechanismus, der es ermöglichte, die Bodenbretter aufzuklappen, wodurch der Verstorbene etwas unsanft zur letzten Ruhe gebettet wurde.

Der Bevölkerung aber gefielen diese und andere Vorschreibungen des Monarchen in keinster Weise. Ein wahrer Proteststurm erhob sich und bereits nach einem halben Jahr, im Januar 1785, musste Kaiser Joseph II. die ungeliebte und heiß umstrittene Maßnahme wieder zurücknehmen.

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Rettungswecker für Scheintote

Weit verbreitet war im 19. Jahrhundert die Angst der Menschen, scheintot, also lebendig begraben zu werden. Johann Nepomuk Peter, Verwalter des niederösterreichischen Provinzialstrafhauses, stiftete im Jahre 1828 den dargestellten Rettungswecker für den „Leichenhof des Ortes Währing“, den alten Währinger Ortsfriedhof. Die Verstorbenen wurden in der als Leichenkammer dienenden Friedhofskapelle aufgebahrt. Eine an ihrem Handgelenk befestigte Schnur führte in einer unterirdischen Leitung aus Tonröhren bis in die Unterkunft des Totengräbers zu dem dort installierten Weckapparat.

Falls nun ein in der Kapelle aufgebahrter Scheintoter zu neuem Leben erwachen sollte und durch seine Bewegungen an der Schnur zog, die ihn mit dem Rettungswecker verband, ertönte sogleich ein lautes Klingelgeräusch, das den zur Anwesenheit verpflichteten Totengräber alarmierte.

In der Folge wurden nach dem Muster des in Währing verwendeten Weckapparates ähnliche Vorrichtungen für eine ganze Reihe von Friedhöfen geschaffen. In späterer Zeit wurden auf den großen Wiener Friedhöfen auch elektrische Weckvorrichtungen installiert. An Berichten über erwachte Scheintote, die aufgrund eines Rettungsweckers gerettet wurden, mangelt es jedoch. Daher muss man die Anbringung dieser Weckgeräte eher als vorbeugende Maßnahme beurteilen, die den Menschen die Angst vor dem Scheintot nehmen sollte.


Straßenbahnwagon für Totentransporte

Als sich im Laufe des Ersten Weltkrieges der Pferdebestand in Wien durch Futtermangel und Militärrequisiten immer stärker lichtete, begann die Werkstatt der städtischen Straßenbahn im Auftrag und auf Rechnung des Unternehmens „Gemeinde Wien – Städtische Leichenbestattung“ einen Personenbeiwagen zum Zwecke des Totentransportes umzugestalten. Wagenkasten und Unterbau blieben erhalten, die Stirnfronten wurden durch Holzwände ersetzt und seitlich zwölf kleine Türen zu ebenso vielen Sargfächern eingebaut.

Das Fahrzeug wurde schwarz lackiert und mit je einem weißen Kreuz an den Stirnwänden versehen. Am 28. Februar 1918 wurde der Leichenwagon in Dienst gestellt und im Straßenbahn-Betriebsbahnhof Simmering stationiert. Der von einem Triebwagen gezogene Wagon fuhr tagsüber zu mehreren großen Wiener Krankenanstalten, die eingeladenen Särge wurden sodann auf den Wiener Zentralfriedhof überführt.

Bis zu seiner Ausmusterung im Jahre 1928 transportierte der „Wiener Leichentramway“ mehr als 32.000 Verstorbene.